www.zingg-satire.ch - archiv

un im ärnschtfau isch es luschtig

(cabaroman)  

un im ärnschtfau isch es luschtig
wiu’s ganz anders geit
aus dr wätterprichter u dr brätterdichter
u ds programmheft hei gseit!    

un im ärnschtfau isch es luschtig
generell und überhoupt
wiu geng aus nume drvo schnuret
aber niemmer dra gloubt  

Ein neues Team

1985 ging die zehnjährige Ära der Zusammenarbeit mit Edwin Peter zu Ende; Edwin hatte ein Engagement als Musikproduzent bei Radio DRS 2 angenommen; da blieb neben seinen Lehr- und Konzertverpflichtungen, seiner Arbeit als Organist und Chorleiter keine Freizeit mehr für gemeinsame Auftritte. Es folgte eine Pause, die ich zur Neuorientierung und Sammlung neuer Ideen benützte. Durch eine glückliche Fügung geriet ich an zwei miteinander befreundete Musiker, die sich als kongeniale Begleiter meiner neu entstehenden Lieder erwiesen und auch bereit waren, ein formales Bühnenexperiment mitzutragen. Roland Scherrer, komponierender Klavierspieler, war Musiklehrer in Oberburg, er beherrschte auch das Schwyzerörgeli. Christian Schwander, einst Gymnasiallehrer (mit ihm hatte ich vor Jahren altfranzösische Literatur gebüffelt), wohnte in Langnau und arbeitete seit kurzem als freischaffender Hackbrettspieler und Hackbrettbauer. Roland und Christian hatten über die Volksmusik zusammengefunden, wollten aber schon lange gerne ein gemeinsames Projekt auf die Beine stellen, das die Grenzen der traditionellen Form sprengte. Und das kam dabei heraus: 

Ein neues Genre

Mit dem Cabaroman versuchte ich meinem Bühnenauftritt, der bisher aus aneinandergehängten, thematisch gruppierten Liedern mit Zwischentexten bestanden hatte, eine  durchdachtere, aber immer noch vielfältige Struktur zu geben und einen Spannungsbogen über den ganzen Abend zu legen. Gleichzeitig sollten die Musiker mehr Autonomie erhalten und zwischen meinen Nummern mal auch reine Musikstücke spielen. Dies eingedenk der Bitte eines Kritikers, ich solle doch ab und zu Abstand vom Dampfwalzenprinzip nehmen und dem Publikum eine Verschnaufpause gönnen.

Neue Leitfiguren

Zwei fiktive Leitfiguren prägten den Cabaroman: Ploderjöggu (Michael Jakob, Jahrgang 1941), ein alter Ego mit leicht autobiografisch geprägter Vergangenheit, und das bugglige Mannli, der Kobold aus einem alten Kindervers, welcher für Plakat und Programmheft von Markus Binggeli meisterhaft witzig gezeichnet wurde. (Markus hatte bereits das Cover zu Improvokazione gestaltet). Und schliesslich kam in der Zugabe, dem Scherzlied über die alten Griechen, noch der bucklige Fabeldichter Aesop zum Handkuss, der Urgrossvater aller Satiriker. 
  

Cabaroman-Fiktionen: buggligs Manndli, Jöggu, Lieder, Verse und Briefe

Die Fiktion des Abends bestand darin, dass Jöggu eigentlich mein Bühnenpartner hätte sein sollen, aber von Anfang an aus unbekannten Gründen dem Anlass fernblieb. Dies zwang mich, die Briefe und Verse, welche Jöggus Part gewesen wären, selbst vorzulesen und daneben auch noch die Lieder zu singen. Erst ganz am Schluss tauchte der lange Vermisste dann doch noch auf – fiktiv natürlich, denn es handelte sich um niemand andern als den Kabarettisten Hans Jürg Zingg!
Das bugglige Manndli hingegen mimte ich zu Beginn des Auftritts, indem ich laut krähend ins Eröffnungsstück des Pianisten hineinplatzte und damit wohl manchem Zuschauer einen tüchtigen Adrenalinkick versetzte. Im Weiteren war auch das Eröffnungslied schteit es buggligs manndli da die Nummer, welche den Kern meiner Botschaft von Beginn weg  programmatisch zum Ausdruck brachte. Ein zutiefst erschreckendes, beunruhigendes Bild der Menschheit am Ende des zweiten Jahrtausends, schrieb ein BZ-Kritiker.

Was Kritiker ausserdem schrieben

Das Programm Un im Ärnschtfau isch es luschtig polarisierte das Publikum und auch die Rezensenten.

Trotz aller Härte wird Zingg nie zynisch, fand Ernst O. Loosli im Thuner Tagblatt; Martin Hauzenberger nannte die Darbietung denk-anstössig; Martin Etter hingegen, der mich früher sehr gelobt hatte, kündigte mir die Sympathie und schrieb unter dem Titel Pessimist vom Dienst, das Programm sei von sturer Besserwisserei, Rechthaberei und Humorlosigkeit geprägt. Im Kontrast dazu lautete der Titel der Thuner Tagblatt-Rezension: Spritzig, satirisch, pointiert, provokativ.  Und darin stand der Satz: … Texte voll hintergründigen Humors, mit versteckten und manchmal auch sehr offenen Pointen, bis hin zur bewussten Provokation.

Wie schon in den früheren Programmen wurde die Begleitung als etwas Besonderes gewürdigt: Roland Scherrer und Christian Schwander stützten die verbale Aussage und weiteten sie. Ihre Solostücke waren begeisternde Mini-Konzerte. 

Und ein letztes Zitat: Es wäre dem Berner Kabarett-Publikum zu gönnen, dass es sich dieses Programm gönnt. Es wäre vor allem jenem Publikum zu gönnen, das auch bei einem Kabarett-Besuch gerne denkt. Auch wenn es kein Kinderspiel ist, schrieb Martin Hauzenberger.

 

© Copyright www.zingg-satire.ch